Vom 23.–25. März 2022 fand die Swisspower Innovation Reise nach München statt, bei der die Teilnehmenden Einblicke in die Transformation der E.ON Energie Deutschland erhielten. Anlässlich der Reise sprachen wir mit Uwe Kolks, Geschäftsführer der E.ON Energie Deutschland, über sich ändernde Kundenbedürfnisse, Nachhaltigkeit und neue Zusammenarbeitsmodelle.
Sie kennen die deutschen Energiekund:innen seit vielen Jahren bestens. Wie haben sich ihre Ansprüche in den letzten 10 Jahren verändert?
Uwe Kolks: Ich erkenne vor allem drei Entwicklungen: Erstens hat sich das Preisbewusstsein deutlich verändert. Der Anteil der Bevölkerung, der bewusst immer wieder Preise und Leistungen vergleicht und sich aktiv für einen Lieferanten und ein Produkt entscheidet, ist in den letzten Jahren ständig gestiegen. Zweitens spielen Servicequalität und die Digitalisierung eine immer grössere Rolle. Kund:innen haben u.a. den Anspruch, dass Produkte und Dienstleistungen einfach erklärt werden und sehr zeitnah funktionieren. Drittens ist das Bewusstsein für Nachhaltigkeit deutlich gestiegen.Einzelne Studien gehen davon aus, dass circa 30 % unserer Kund:innen bis 2030 «Prosumer» sein werden und einen Teil des Stroms z.B. per PV-Anlagen selbst produzieren. Immer mehr setzen zudem auf Elektromobilität. Der Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit bei den Kund:innen hat signifikanten Einfluss auf ihre Anforderungen gegenüber ihren Energieanbietern: Diese sollen sich glaubwürdig und nachhaltig engagieren und entsprechende Leistungen anbieten.
Diese Kundenbedürfnisse sind unabhängig von der Marktöffnung und deshalb auch in der Schweiz sehr relevant. Mit der furchtbaren und unfassbaren Ukraine-Krise ist die Sorge um die Versorgungssicherheit und die Bezahlbarkeit der Energie zudem sehr präsent. Kund:innen legen Wert darauf, dass sich ihre Energieversorger dafür einsetzen, fair und nachhaltig zu sein sowie transparent zu kommunizieren.

Aktuell reden alle von den drohenden Versorgungslücken bei Strom und Gas. Wie schaffen wir es, dass wir die Energiewende trotzdem nicht aus den Augen verlieren? Oder ist die Ukraine-Krise gar ein Antrieb für die Energiewende?
Uwe Kolks: Das aktuelle Streben nach mehr Unabhängigkeit ist eher ein Antrieb in Richtung Energiewende. Momentan weiss niemand genau, was im nächsten Winter passieren wird. Aber im Grunde treibt die aktuelle Lage an: Viele Länder engagieren sich, unabhängiger von russischen Energieimporten zu werden. Dies fördert auch die Investitionen in innovative und regenerative Energien sowie in Forschungsthemen wie die Dekarbonisierung. Auch die Frage, ob Wasserstoff und stromgeführte Wärmepumpen geeignete Alternativen zur Wärmeversorgung sind, wird vermehrt diskutiert.
Bei der E.ON vereinen Sie sehr unterschiedliche Bereiche in einem Haus: Die Techniker:innen müssen die Stromversorgung sicherstellen, die Geschäftsentwickler:innen innovative Lösungen entwickeln. Wie bringt man diese Welten zusammen?
Uwe Kolks: Die Bereiche «Netz» und «Energieverkauf» sind ja per Regulierung klar getrennt. Die Kund:innen trennen da in der Regel aber nicht zwischen dem, der ihnen die Energie verkauft, und dem, der das Netz stabil hält. Wenn etwas im Netz schiefgeht, dann ist für die Kund:innen auch der Lieferant erster Ansprechpartner und verantwortlich.
Auf der anderen Seite werden innovative Lösungen erwartet, beispielsweise im Bereich Photovoltaik. Dies ist kein reines Online-Geschäft – eine PV-Anlage muss zeitnah, qualitativ und optimal installiert werden. Energieversorger verantworten dabei in der Regel den gesamten Prozess, von der Aufnahme des Kundeninteresses bis zur Inbetriebnahme der PV-Anlage. Es müssen Fachkräfte zusammengebracht werden, die mit dem qualitativen Bewusstsein für Kundenbeziehungen an einen solchen Prozess herangehen. Auch hier gilt: Läuft etwas bei der Installation schief, dann ist für den Kunden auch der Versorger als Vertragspartner verantwortlich. Eine gute Zusammenarbeit und gute Schulungen sichern, dass innovative Produkte, wie beispielsweise die Elektromobilität, erfolgreich umgesetzt werden können.